Perspektiven
Vergeblich bemühte sich der Rundfunk, -fernseh und Zeitungsjournalist Kurt Majoran um den ausgesetzten Preis für die mieseste Frauendarstellung des Jahres. Trotz aller Befleißigung und obwohl er sich die Beine einzeln und auch die übrigen Glieder [ausriß], er schaffte es nicht, umsonst hatte er sich bemüht, er war mißverstanden worden.
Von allen Ufern zollte man ihm Beifall, Mann und Frau, alle waren begeistert und bewunderten Kurt Majoran's Leistung, seinen Einfallsreichtum und die gewählte Sprache.
Nicht nur der Bund der geschlagenen Frauen stimmte dafür, auch Männer, die Seide lieben, votierten für ihn. Er, der eingeschworene, der verbiesterte, der wirklich irre Frauenhasser, er wurde aufgrund der vollbrachten wirklich übermenschlichen Leistungen, die er quer durch alle Medien auf Hörer, Seher und Leser losließ, aufs allerherzlichste gelobpreist. Und des Preisens wollte es kein Ende nehmen. Es hallte echoartig bis in den hintersten Winkel, selbst das letzte kleine Örtchen wurde erreicht.
Daß der Geehrte sich mittels der Schleifen an den gelieferten Lorberkränzen kurz vorm Muttertag erhängte, das war als Programmpunkt in dieser Form wirklich nicht vorgesehen.
So jedenfalls betonten alle Beteiligten es nachhaltig und bedauerten ihn aufs tiefste.
Mann sprach die Hoffnung aus, das Werk des leider so früh vom Schicksal dahingerafften, des Unvollendeten möge nicht ohne Nachfolger bleiben. Möge der zündende Funke alle ergreifen, auf daß die Welt von morgen besser und vom Bösen bereinigt paradiesischen Zeiten entgegensehen könne.
Frank Arlig
Bad Homburg, 4. November 1979