2021-06-10

Perspektiven (aus Männlich bis zum Wahn)

Perspektiven

Vergeblich bemühte sich der Rundfunk, -fernseh und Zeitungsjournalist Kurt Majoran um den ausgesetzten Preis für die mieseste Frauendarstellung des Jahres. Trotz aller Befleißigung und obwohl er sich die Beine einzeln und auch die übrigen Glieder [ausriß], er schaffte es nicht, umsonst hatte er sich bemüht, er war mißverstanden worden.

Von allen Ufern zollte man ihm Beifall, Mann und Frau, alle waren begeistert und bewunderten Kurt Majoran's Leistung, seinen Einfallsreichtum und die gewählte Sprache.

Nicht nur der Bund der geschlagenen Frauen stimmte dafür, auch Männer, die Seide lieben, votierten für ihn. Er, der eingeschworene, der verbiesterte, der wirklich irre Frauenhasser, er wurde aufgrund der vollbrachten wirklich übermenschlichen Leistungen, die er quer durch alle Medien auf Hörer, Seher und Leser losließ, aufs allerherzlichste gelobpreist. Und des Preisens wollte es kein Ende nehmen. Es hallte echoartig bis in den hintersten Winkel, selbst das letzte kleine Örtchen wurde erreicht.

Daß der Geehrte sich mittels der Schleifen an den gelieferten Lorberkränzen kurz vorm Muttertag erhängte, das war als Programmpunkt in dieser Form wirklich nicht vorgesehen.

So jedenfalls betonten alle Beteiligten es nachhaltig und bedauerten ihn aufs tiefste.

Mann sprach die Hoffnung aus, das Werk des leider so früh vom Schicksal dahingerafften, des Unvollendeten möge nicht ohne Nachfolger bleiben. Möge der zündende Funke alle ergreifen, auf daß die Welt von morgen besser und vom Bösen bereinigt paradiesischen Zeiten entgegensehen könne.

Frank Arlig
Bad Homburg, 4. November 1979






2021-06-09

Vorn, ganz vorn (aus Männlich bis zum Wahn)

Vorn, ganz vorn

steht der Penis

er allein zeichnet sich

ab und beutelt die Seide

bewundernd blickt selbst der Mann

zu sich herauf, seit Ewigkeiten

er hält sich oben.

Tief unter ihm stehen die andern vor

seinem Postament, nur Tauben scheißen

ganz ungehemmt auf seine Locken, ihm aufs

Hemd, auf seinen Panzer,

der Helm, grünspan bedeckt

glänzt nicht mehr, jetzt

endlich wird auch

die Vulva entdeckt.


Frank Arlig

Bad Homburg, den 21. Januar 1981



 

2021-06-08

Eine Seele von Mensch (aus Männlich bis zum Wahn)

Eine Seele von Mensch


 Ich

    bin immer erste Person

Ich

    komme immer vor mir dran

Ich

    war schon da, als

    ich noch gar nicht an mich

    dachte

viel zu bescheiden, rücksichtsvoll und

nachsichtig bin

Ich

ich stehe bis auf's Messer

für mich ein, denn ich weiß, auf was

Ich mich mit mir einlasse, wenn ich

mich in meinem Schlepptau vorwärts

bewege. Anderes lasse ich hinter mir,

unter mir aber, nichts bleibt.


Ich weiß mehr, viel mehr

ich habe auch

    ganz andere Gefühle

Ich bin wohlvertraut

    mit mir bin ich

    ein Herz

Ich bin

    wirklich

Ich bin ... eine Seele.


Frank Arlig

Bad Homburg, 5.4. 1981


2021-06-07

Der Biß ins Gesäß der Frau (aus Männlich bis zum Wahn)

Der Biß ins Gesäß der Frau


Man braucht als Mann dazu
gute Zähne, einen sauberen Atem,
Zielsicherheit bei einer schlanken Frau,
Hemmungslosigkeit bei einer starken Frau
und nicht zuletzt braucht mal als Mann
für einen Biß ins Gesäß der Frau
    eine Frau.


Frank Arlig

5.2.1981



2021-06-03

Es standen drei Bärte (aus Männlich bis zum Wahn)

Es standen drei Bärte


Es standen drei Bärte

am Brunnen vor dem Tore

um die Wette. 

Der erste schlief ein, 

es schlief der zweite 


als auch der Dritte endlich einsam schlief, 

kam die Lust hermaphroditisch, vehement in ihre Träume. 


Sie einigten sich, 

der eine von vorn, 

der andere im Gegenpol, 

der Dritte endlich erstickte vor Lust am steilen Traum. 


Die Sonne schien, sie wachten auf, verschämt 

und endlich merkten sie, daß alles nichts als Traum gewesen war. 


Der erste, der schlich weg, 

der zweite ging 


ungestört und endlich frei von jeder Konkurrenz, 

der dritte wartet noch heute auf seinen Prinz. 


Frank Arlig 

(Bad Homburg, 22. Oktober 1978)






2021-06-02

Anleitung für Männer (aus Männlich bis zum Wahn)

Anleitung für Männer


Bist du stark

bist du schwach

bist du schlau

oder biste blöd

Hast Du deinen Schwanz

    fest in der Hand

läßt du dir nichts

    von anderen bieten


bist du rundherum ein Mann?

    gefühlsbetont und intensiv

    lustvoll allem Schönen hingegeben

hast du die heile Welt von Buxtehude


    dann lass doch  endlich einmal alles frei

    und gib der Welt was ab

    und sei ganz einfach Mensch 


Frank Arlig

(Bad Homburg, 30. September 1980)





2021-06-01

Resteverwertung (aus Männlich bis zum Wahn)

 Wirklich, du bist der erste
einstimmige Chor,
du bist 
so vielfältig.
Ist es nicht eigentlich
für alle unfaßbar, daß 
es so etwas wie dich 
        ungestraft gibt? 

...aber reden wir besser nicht
zu viel über dich, wer weiß 
was dann von dir 
übrig bleibt. 


Frank Arlig 

(Bad Homburg, 11. Juli 1981)





2021-05-31

Kumari (aus Männlich bis zum Wahn)

Kumari, du lebende Göttin aus Katmandu


Schau mit den Augen der Weisheit auf mich,

oh du große, du Vernichterin männlicher Dämonen.

Erhebe dein Angesicht und schenke mir Gnade,

denn für dich bin ich nichts, nur ein Mann,

doch ich fürchte nicht Indra Djatrhah,

ich freue mich auf dich und den Tag.

Dein Segen wird meine Erhebung,

nur du, königliche Kumari, bist Garant für mich.


So bitte mich um Gnade, damit ich deinen gläubigen Betern

den Glauben nicht nehme. Ich bin und bleibe für dich,

du Königin, auch als Gewöhnlich-Sterblicher,

ein Mann.


Ich bin es nicht, der die Götter fürchtet,

ich nehme dich und bin für dich dann

dein Mann.


Frank Arlig

(Bad Homburg, 8. Juni 1981)



2021-05-30

Ich (aus Männlich bis zum Wahn)

Nicht nur Mann,

    ein weißer Mann bin ich

    und groß und breit

    sind die Schultern.


Die Partie um meinen Mund herum ist

    männlich streng und sehr markant.


Vom Typ her nordisch,

    wäre Rassismus ringsumher

    und nicht nur insgeheim

    gefragt.


So oder so, ich bin ein festes Glied

    der Kette - Herrenrasse,


Ein Leben zu Pferde,

    die Heimat ist ein Rittergut

    in deutschen Landen.


Von einer Frau mit ,von, zur Welt gebracht,

bin ich ein deutscher Mann und kenne meinen Wert:


Als Sieger steh ich immer oben,

    hoch auf dem Podest.


Nur Gott steht über mir,

vielleicht der Kaiser

oder ein anderer, der

    gerade mal der Führer ist.


Frank Arlig

(Bad Homburg, 6. Mai 1980)

2021-05-29

Männer: beispielhaft (aus Männlich bis zum Wahn)


Mehr Männer, als Männer es glauben würden, beschäftigen sich
nicht nur mit sich, sondern fast alle Männer beschäftigen sich mit Männern, zum Beispiel als Beispiel:

    Wenn ein Mann mit Zahnschmerzen vor mir sitzt,

        ich nehme mir ein Beispiel, so also

    Wenn ein Mann vor Ärger über den Zug, der vor ihm fuhr, platzt,

        ich nehme mir ein Beispiel, so also

    Wenn ein Mann eine Frau erobern will, die ihn nicht will,

        ich nehme mir ein Beispiel, so also

    Wenn ein Mann am Becken steht und nicht pinkelt,

        ich nehme mir ein Beispiel, so also

    Wenn ein Mann einen Mann anmacht,

        so also, so

    Wenn ein Mann, ein Mann wie Tarzan

        sich auf die Brust trommelt, so also

    Wenn ein Mann, ein richtiger Mann

        auf seinem Pferd reitend die Sonne grüßt

        und nach dem Schuß aus dem Hinterhalt

        sterbend zu Boden gleitet, so also

    Wenn ein Mann, ein Mann wie Gene Kelly

        im Regen durch Pfützen marschiert, so also

    Wenn ein Mann, so ein richtiger Liebhaber,

        ein heißer Mann, ein brünftiger, einer,

        der seiner Frau alles verspricht, ihr

        den Himmel auf die Erde runterzitiert, ihr

        schlagend sein Herz wieder entreißt

        so also, so...


Wirklich, in der Tat tatsächlich, mehr Männer, als Männer es glauben,

interessieren sich für nichts als nur für Männer.

Und manche Männer interessieren sich auch für Frauen.



Frank Arlig

(7. Juli 1980, Bad Homburg)


2021-05-28

Ich sage mich auf (aus Männlich bis zum Wahn)

Ich sage mich auf 

Ich bin hetero
ich bin homo
ich bin ich
und was bin ich
    sonst noch?
Ich bin gläubig
ich bin jüdisch
ich bin christlich
ich bin Zwilling
aber ich bin nicht
    mein Bruder
Ich bin mein Spiegel
äußerlich kenne ich mich genau
ich weiß, wie ich bin
ich bin immer mit mir zusammen

ich bin für mich
mich nehme ich wahr
und irgendwie liebe ich mich
ja, ich liebe mich wie ich bin
liebe mich wie ich nicht bin
ich liebe den, der ich morgen bin
ich bin mein Traum

ich übe mich, ich zu sein
ich will sein wie du
und mit dir will ich sein
   ein Fleisch.

Rechtzeitig lerne ich mich
    auswendig, denn
ich will mich erkennen, wenn ich
    im Dunkeln auf mich stoße

                                Frank Arlig
                                (September 1980)

2018-11-18

Auf zum letzten Applaus - Zum Tode von Frank Arlig

Pressemitteilung zum Tode von Karl Rudolf Pigge, alias Frank Arlig


  • 15. September 1932 (Pirmasens) bis 14. November 2018 (Bad Nauheim)

  • Redakteur und Chefredakteur von "akt - Aktuelles Theater", Frankfurter Kulturzeitung (Frankfurter Bund für Volksbildung)

  • Schriftsteller, künstlerischer Leiter "Tsamas-Verlag", Herausgeber des Kulturmagazins "notabene", Kultur-Redakteur für den Schwarzwälder Boten und die Badische Zeitung, stellvertretender Chefredakteur des "SchuhMarkt", Galerist, Maler und Conferencier

  • Urnenbeisetzung mit bunter Erinnerungsfeier und letztem Applaus am Samstag, 1. Dezember 2018, 13 Uhr, Waldfriedhof Bad Homburg


Schmitten/Taunus, 18. November 2018. Am Mittwoch, dem 14. November 2018, verstarb der Autor, Journalist, Maler, Gewerkschafter, Galerist, Kunstsammler und Friedensaktivist Karl Rudolf Pigge nach kurzer schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie mit 86 Jahren in Bad Nauheim.

In den 1960er Jahren war Pigge als Kultur-Redakteur in seiner ersten Wahlheimat Villingen für den Schwarzwälder Boten und die Badische Zeitung aktiv. Parallel hierzu war er als Schuhvertreter hochwertiger Damenschuhe ("Elka") in Süddeutschland tätig. Der einer Schuhfabrik-Dynastie abstammende Pigge machte eine kaufmännische Lehre bei der Schuhfabrik Ludwig Kopp AG in Pirmasens und besuchte Schauspielschulen in Hannover und Hamburg und lernte u.a. bei dem Wirtschaftsredakteur Wolfgang Semmler in Pirmasens. In Villingen etablierte er das "Villinger Kunstkabinett" und richtete Vernissagen mit bildenden Künstlern (u.a. Esteban Fekete, Horst-Egon Kalinowski, Felix Schlenker) aus.

Pigge verlegte in den 1960er und 1970er Jahren als künstlerischer Leiter im Tsamas-Verlag Bücher verschiedener, zum Teil sehr junger Autoren (Dieter Kühn, Gabriele Wohmann, Nikolai Nor-Mesek, Peter M. Michels, Gerd E. Hoffmann, Walter Aue), die sich u.a. kritisch mit Themen wie Überwachungssysteme oder Datenschutz beschäftigten oder die amerikanische Anti-Kriegs-Bewegung dokumentierten. Wichtige Anthologien des Tsamas-Verlags waren "typos 1" und "typos 2", herausgegeben von Walter Aue.

1970 zog Pigge mit seiner Frau und damals drei Kindern nach Bad Homburg, führte dort eine kleine Galerie und wurde stellvertretender Chefredakteur des damals in Frankfurt erscheinenden "SchuhMarkt". Unter seinem Künstlernamen "Frank Arlig" war er Vorsitzender des hessischen Schriftstellerverbandes und wirkte aktiv in der Friedensbewegung mit. Als Frank Arlig tourte er mit einer ersten Multimedia-Show mit Klängen, Dias und Texten unter dem Motto "Der Mann, der aus dem Dunkeln liest…" durch Hessen.

1983 zog Pigge von Bad Homburg nach Schmitten im Taunus in ein ehemaliges Landhotel. Die späten 1980er Jahre waren geprägt von seiner Arbeit als Frank Arlig für "akt - Aktuelles Theater". Die monatlich erschienene Zeitung wurde vom Frankfurter Bund für Volksbildung herausgegeben. Pigge begann als Redakteur für das monatliche Interview. Von einer 8-seitigen Programmzeitung entwickelte Pigge "akt" zu ihrer 16-seitigen finalen Form. Im Zuge der Sparpolitik im Bereich der Kultur in Frankfurt wurde die bis dahin im Druckhaus der Frankfurter Rundschau hergestellte "akt" schließlich im Jahr 1994 eingestellt.

Pigge veröffentlichte in den darauffolgenden Jahren in verschiedenen Anthologien, entwickelte Buch- und Theaterkonzepte und schrieb an Romanen zur Zeitgeschichte und über das Älterwerden. So behandelt sein "Eingegrünt" schon vor den TV-Experimenten der 2000er Jahre das Leben von wahllos zusammengewürfelten Menschen mit ungleichem sozialen Hintergrund. Darin verarbeitete Arlig auch die Folgen des zunehmenden Klimawandels, die Herausforderungen des Zusammenlebens von Alt und Jung und der andersartigen Sozialisation der "Wessis" und "Ossis" kurz nach der Wiedervereinigung. Seine Interpretation der Folgen des Zweiten Weltkriegs für das Zusammenleben der Überlebenden führt zu seinem letzten, bislang unveröffentlichten, Roman "Durch den Wolf / Komm: Kuscheln".

Pigge engagierte sich im Kreise der Schwulen- und Lesbeninitative in Frankfurt und bereicherte das Café Karussell, dem "Treffpunkt für Männer liebende Männer der Generation 60plus" mit Lesungen und Moderationen und veröffentlichte in den schwulen Stadtführern "Berlin von hinten" und "Frankfurt von hinten".

Pigge war bis zu seinem Tod 62 Jahre mit der Kauffrau und Journalistin Ursula Pigge verheiratet, hatte vier Kinder, die heute in Hessen und Niedersachsen leben. Zu seiner Großfamilie gehören außerdem zehn Enkel, zwei Urenkel und zehn Patchworkenkel.

Die Urnenbeisetzung mit bunter Erinnerungsfeier und letztem Applaus findet am Samstag, dem 1. Dezember 2018, auf dem Waldfriedhof in seiner zweiten Wahlheimat Bad Homburg vor der Höhe um 13 Uhr statt.



2013-08-10

Fremdes zum Vereinnahmen

Reisen zur inneren Belustigung
Bildungsreisen von bleibendem Wert
Unvergessliche Reise

Damals als der Kaiser gerufen hatte
Als der Führer den totalen Krieg
Reisen ohne Wiederkehr
gar zur inneren Belustigung
eingeschlossen jene Zeiten
die der Bildung dienen sollten
Unvergesslich all die Opfer
auf den unvergesslich grossen Reisen.

Man muss auf jeder Reise bereit sein
nichts gibt es umsonst
und immer ans Vaterland denken
an die Fahnen vor den Hotels
du kannst die Nationalhymne auswendig?

Budenzauber im Norden und Körperertüchtigung
Warum nur wird heutzutage
nicht mehr zu den Waffen gerufen
es war doch ehedem so bequem
kostenlos zu reisen
und heute ist sogar der Fahrschein
zur Demo am Automaten zu lösen.

Man glaubt es nicht
Pauschalreisen mit All inclusive
gab es damals auch, aber gratis
man zahlte mit Kopf oder Bein
manche zahlten mit Schwanz und Hoden
unvorstellbar für die Nachgeborenen.

Lieber bleibe ich verwurzelt daheim
besser ich lasse mich nicht überreden
ich will mich nicht anstecken
ich träume davon Kaiser und Führer
ich will sie am liebsten leugnen
haben die beiden je gelebt?

2013-08-10

2013-08-04

Viel Glück

Kinder machen
immer Spass.
Kinder kriegen
genau so viel?

Ich halte mich zurück,
ich halte nichts davon
Kinder machen
zwischen Angel und Tür.
Nein, das bloss nicht,
ich halte mich da zurück,
reisse mich am Riemen.
Mit mir nicht,
bin noch zu jung,
nicht ausgereift.

Viel Glück im späteren Leben,
in der Praxis, im Labor,
auf der Bühne, im Orchester.
Du schaffst es, nimm dir die Kraft.
Lass dich nicht anmachen, es könnte dich
schwängern, der Mutterschaft in die Arme führen.
Stell dich nie unter die Laterne
du bist keine Braut auf Abruf!

2013-08-04

Umgedreht wird ein Vers daraus

Deine Arme umtanzen mich
fast vertraue ich dir
fühle mich in deiner Sehnsucht wohl
fast geborgen; doch du willst, was alle wollen.
Ich lasse dich los, löse die Umklammerung.

Deinen Orgasmus lese ich als Abschiedsbrief
er ist wieder einmal zu kurz geraten.
Wir passen weder auf noch ineinander.
Unsere Zeit ist Vergangenheit, ist
gleich einer Aufziehuhr abgelaufen.

Pass auf: Der Kanaldeckel liegt nebenan.
Nein, weder mit dir noch allein,
ich will noch nicht hinabsteigen.
Erstmals werde ich mich
nicht in dir verlieren.

2013-08-04

Bedrohlich

Bedrohlich dieser Unterschied
Zwischen Brot und Kuchen
zwischen schwarz und weiss
zwischen arm und reich
also bedrohen wir die Bedrohung.

Auf, auf Kameraden
aufs Pferd, aufs Pferd!

2008-05-23

Früher

Früher. da war das
mit und zwischen uns
ach, war das schön.

Ich hatte so recht,
das war fast untragbar
diese Beziehung
zwischen dir und mir.

Von Frau zu Mann,
von Mann zu Frau
hoffnungslos
Freundschaft gibt es nicht.

Von Frau zu Frau
und Mann zu Mann
da gibt es nichts
als Freundschaft.

Ich liebe meinen Pudel,
dir ist deine Ziege alles
doppelt genäht
hält besser.

International ist das Gesetz
der Liebe, unausweichbar
für dich und mich.
Früher also war das Wirklichkeit
und alles war anders.

2013-08-04

Auf in den Zoo

Die Kraft einander zu belügen
schlummert bedrohlich
Erinnerungen auch im Schlaf, im Traum, sind schmerzhaft.

Katergefühle früh am Morgen
alles vergessen
die letzten Nächte waren zu kurz

Spätnachrichten helfen ganz bestimmt nicht
bis in den frühen Morgen alles verschlafen.
Was war, das ist zu wenig. Keine Ausrede!

Wollen wir heute
mit den Kindern
in den Zoo gehen?

2013-08-02

2013-08-03

Auch nach meinem Tode

Du sollst auch nach meinem Tode für mich da sein
mindestens in 3-D

Du musst nicht mehr Zähne geputzt haben,
wenn du mir zu nahe kommst, mich anhauchst, usw.
Ich werde dich trotzdem um mich herum fühlen
ich liebe dich, dabei bleibt es.
Du bist meine Verrücktheit, mein Irrsinn
ich etwa dein Fehltritt?

Sollten nach dir auch andere ihre Hände ausstrecken,
ich dulde keine ihrer Berührungen. Du bist tabu!
Freizügig bin ich
nach den Erfahrungen mit der offenen Liebe
schon lange nicht mehr.
Die Jahre holten uns ein.
Und wie trägst du dein Witwendasein?

Stell dir vor, ich wäre noch anwesend, körperlich!
Du könntest mir Sauerkrautsaft anbieten
ich meine: für die Verdauung.

Deine Lockenwickler drücken auf meine Brust.
Seit meinem Abschied trägst du ein Korsett?

In meinen Träumen kommst du nicht mehr vor,
es hat sich ausgeträumt, das Licht ist an;
es leuchtet die Wirklichkeit. Lügen heizen nicht.

Du wirst doch nicht mit der Faust
dem Sozialismus dienen!
Ich hielt dich für aufgeklärt.

Du sollst dem Manne mit der Faust dienen
keine Partei hat das Recht an deiner Zunge
deine Lippen haben mich zu Umklammern

Ich liebe Schraubverschlüsse
sie sind leicht zu öffnen, schonen die Umwelt
später wird es auch in Weinflaschen
Sauerkrautsaft geben.

Was trinken wir auf uns,
wenn wir nach der Trennung wiedervereinigt sind?
Wehe, du lässt mich Sauerkrautsaft riechen!
Körperliche Wirklichkeit käme dir zu nahe.

2013-08-03